"Was auch Ihr Kulturniveau sein mag, wenn Sie nicht tiefschürfend über den Tod nachdenken, sind Sie nur ein armer Schlucker. Ein großer Gelehrter - der bloß das ist - ist einem Analphabeten weit unterlegen, dem die letzten Fragen keine Ruhe lassen. Meistens stumpft uns die Wissenschaft ab, da sie unser metaphysisches Bewußtsein drosselt." (Cioran 1990:72)

Wolfgang Herbert

Vihâra und rinjû gyôgi - buddhistische Krankenpflege und Sterbebegleitung

1. Hospiz und Vihâra

Vor zwanzig Jahren hat der gegenwärtig an der Iida-Universität lehrende Prof. Tamiya Masashi den Terminus "Vihâra" als Bezeichnung für "buddhistische Hospize" vorgeschlagen. Letztere Apostrophierung hielt er für ein Unding, da "Hospiz" eindeutig christlich konnotiert sei. Man könne hier nicht Wasser mit Öl zu vermischen suchen. Mit der Verwendung der Bezeichnung "Vihâra" soll die buddhistische Spezifik und Handlungsträgerschaft zum Ausdruck gebracht werden (Tamiya 1993:223-4). Das Wort "Hospiz" leitet sich urprünglich vom Lateinischen hospes   ("der Fremde") ab, dem eine freundliche (hospitalis) Aufnahme und Bewirtung zustand. Worte wie hospitium, hospice, hospital, hostel, ja sogar hotel leiten sich von derselben Wurzel her und hatten einst nahezu die gleiche Bedeutung. Insbesondere die an den Pilger- und Kreuzfahrerrouten nach Jerusalem errichteten Rast-, (Nacht)Ruhe- und Krankenpflegestätten werden als Protoyypen eines Hospizes gesehen. Sie wurden häufig von Ordensleuten betrieben (z. B. Phipps 1988, Saunders 1999). Die Termini "Vihâra" und "Hospiz" könnten so gesehen von ihren Ursprüngen her einander durchwegs angenähert werden. Vihâra bedeutete "Tempel", aber auch "Ort der Ruhe", "Krankenhaus" und diente respektiven Zwecken: dem religiösen Studium und der Unterweisung, aber auch der Erholung und der Krankenpflege. Damit entspreche ein Vihâra funktional ganz einem Hospiz/Hospital der katholischen Kirche (vgl. Nagura 1993:29).

     1985 wurde von Tamiya "Vihâra" als konkretes Konzept vorgestellt, womit die japanische Vihâra-Bewegung auch ihr Gründungsdatum erhielt. Es handle sich um eine Institution, die eine terminale Pflege ermöglichen solle, die dem japanischen Ambiente entspreche und lokalen Lebens- und Todesvorstellungen angepasst sei. Es sei zu hoffen, dass ein Ort (= ideales Vihâra) entstehe, an dem die drei (historischen) Funktionen (Krankenhaus, Tempel, Ort des Studiums) harmonisch und synergetisch zusammenwirken. Vihâra ist - analog der Hospizbewegung - auch als Institution und soziale Bewegung zu verstehen, als eine buddhistische Aktion, die Schulen/Sekten transzendiert, Wohlfahrt praktiziert und letztlich der ganzen Gesellschaft zu Gute kommt (Tamiya 1993). Der Begriff hat sich damit zunehmend ausgeweitet und heute wird jegliche Tätigkeit von Buddhisten im Bereich der Medizin und sozialen Wohlfahrt unter "Vihâra" subsumiert . Somit werden die Bezeichnungen bukkyô kango = buddhistische Krankenpflege und bukkyô fukushi = buddhistische Wohlfahrt alternativ und analog verwendet (Taniyama 2004:42).

     Die moderne Hospizbewegung nahm mit dem 1967 von Cicely Saunders in London gegründeten St. Christopher-Hospice ihren Ausgang. 1969 erschien "On Death and Dying" (dt. 1971: Interviews mit Sterbenden, jap. 1971: Shinu shunkan) von Elisabeth Kübler-Ross. Das Interesse an einem Sterben in Würde und unter Beibehaltung von Lebensqualität bis zuletzt stieg. Dies lief parallel mit einer zunehmenden Skepsis gegenüber der Medikalisierung und Abschiebung des Todes in die Hinterzimmer von Institutionen. Kritik wurde laut an einer technokratischen Medizin, die auf maschinelle Weise Leben um jeden Preis zu verlängern trachtete, den Menschen außer in seinen organischen Funktionen und hinter all den Apparaten aber zu vergessen schien. Die Hospiz- und Vihâra-Bewegungen sind auch Bürgerbewegungen, die das Recht auf den je eigenen und einen menschenwürdigen Tod einfordern.

     1977 berichtete die Zeitung Asahi über das St. Christopher Hospiz, das in der Folge von japanischen Ärzten besucht wurde. 1981 wurde das erste Hospiz in Hamamatsu gegründet. 1984 folgte eine Palliativabteilung im Christlichen Yodogawa-Spital in Osaka. Seit Anfang der 1990er Jahre gibt es einen anhaltenden Boom von Hospizgründungen, nachdem palliativpflegerische und institutionelle Richtlinien herausgegeben und staatliche Anerkennungsverfahren und Subventionen eingerichtet worden waren (genaueres zur Geschichte der japanischen Hospizbewegung in: Kashiwagi 2001). Die meisten der gegenwärtig über 130 ministeriell approbierten "Hospize" in Japan sind in bestehende Krankenhäuser integrierte Palliativstationen.[1] 

 

2. Palliativpflege und spirituelle Betreuung

 

     Palliative Betreuung im "Hospiz-Geist" (und genauso im "Vihâra-Geist") adressiert den ganzen Menschen, sie ist eine holistische Pflege. Organisatorisch wird deshalb in der Regel, wie Dr. Kashiwagi konzis darstellt, ein Pflegeteam gebildet, in dem verschiedene Spezialisten zusammen arbeiten: Arzt, Krankenschwester, Priester (verschiedener Konfession) oder spiritueller Betreuer, Sozialarbeiter, Psychotherapeut, Beschäftigungs- oder Musiktherapeut, Pharmazeut, Ernährungswissenschaftler, ehrenamtliche Helfer etc. . Hospizpflege ist Teampflege. Darüberhinaus wird die Familie eingebunden und betreut: z. B. Hilfe bei der Trauerarbeit bereitgestellt. Die drei Hauptpunkte der Hospizpflege bestehen in:

1.) Symptomkontrolle (vor allem Schmerzlinderung)

2.) Kommunikation (offen und umfassend unter allen Beteiligten)

3.) Betreuung der und durch die Familie (Kashiwagi 2000:95ff.)

     Die Arbeit im Team, in das der Patient und die Angehörigen einbezogen werden, ist für palliative Pflege nicht nur charakteristisch, sondern geradezu konstitutiv (vgl. im Detail z. B. Cummings 1999). Palliative Pflege rückt dann in den Vordergrund, wenn kurative Eingriffe und Maßnahmen nicht mehr greifen, d. h. die Krankheit in die terminale Phase eingetreten ist. In Japan werden im Regelfall nur Krebskranke im Endstadium (in geringer Zahl auch AIDS-Patienten) für die letzten Lebenswochen in ein Hospiz aufgenommen.

     Medizinisch steht eine umfassende Schmerztherapie und Symptomkontrolle im Mittelpunkt, auf lebensverlängernde Maßnahmen wird verzichtet. Der Patient erlebt in diesem Stadium, was Cicely Saunders "totalen Schmerz" nennt: physischer Schmerz kann heutzutage gut unter Kontrolle gebracht werden, zuzüglich plagen aber den vom Schatten des Todes gezeichneten Kranken soziale, mentale, existentielle und/oder religïose/spirituelle "Schmerzen" (vgl. Saunders, Baines and Dunlop 1995:45-58). Der Sterbende ist mit multiplen Verlusterfahrungen und entsprechender Trauer und Trennungsschmerz konfrontiert: sozial (Beruf, Familie, Angehörige, Freunde ...), mental/ psychisch (Verlust jeglicher Zukunft, Angst, Einsamkeit, Isolation, Depressionen ...) und religiös/ spirituell/ existentiell (Lebensbilanzierung und -sinn, Unerledigtes, Fragen nach Transzendenz und Sein oder Nichtsein nach dem Tode, Schuld und Versöhnung, Hoffnung ...).

     In der Literatur wird Religion und Spiritualität sehr divers kodiert und es gibt ein Spektrum, das von Gleichsetzung der Begriffe bis zu strikter Trennung und entsprechenden Übergängen reicht (z. B. die Synopse in Kubotera 2004:30). Kubotera, einer der führenden Forscher und Praktiker auf dem Gebiet "spiritueller Begleitung" (nach dem Englischen: supirichuaru kea) in Japan, tritt für eine definitorische Trennung von religiösem Beistand und spirituellem Beistand ein, wobei sich die beiden Gebiete allerdings partiell überlappen (Kubotera 2004:46-7). Das hat Konsequenzen für die Definition von religiösen bzw. spirituellen Schmerzen und für die Frage, wer entsprechenden Beistand leisten könne. Die Tendenz geht dahin, religiöse (auch: pastorale) Begleitung dem religiösen Spezialisten (also Priester, Mönch, geweihtem Klerus ...) zu überlassen. Sie ist an eine bestimmte Konfession gebunden und wird auf Wunsch des Patienten geleistet. Jeder Glaubensform stehen ein Set an Riten und Ritualen für seelsorgerischen Beistand zur Verfügung: Lesung von Schriften, Sakralmusik, Gebet, geistliche Gespräche, Meditation, Sterbesakramente und -zeremonien etc. . Deren Einsatz wird dann als religiöses bzw. pastorales Sterbegeleit angesehen.

     Spiritueller Beistand wird dagegen konfessionsunabhängig und über eine bestimmte Religion hinausgreifend als Begleitung in der letzten großen Krise gesehen, in der Fragen nach den letzten Dingen auftauchen und drängend werden wie nach dem Sinn des Daseins und des Leidens, dem Bezug zum Kosmos oder transpersonalen, "höheren" Dimensionen, zu Schuld und Sühne und Liebe und Nachleben ... . Diese metaphysischen Sorgen können potentiell jeden Menschen befallen, ungeachtet, ob er einem religiösen Bekenntnis oder einer rein säkularen Lebensanschauung anhängt. Spirituelle Begleitung kann prinzipiell jede/r leisten, dem der Sterbende seine Vertrauen schenkt und mit dem er über spirituelle oder "metaphysische" Fragen sprechen will: das kann ein Geistlicher sein, aber genausogut ein Mitglied des Palliativteams, Verwandter, Freund, Mitpatient, Besucher u. a. (Speck 1999:805).

     Aktives Zuhören, menschliche Anteilnahme und Zuneigung, Nahesein und Standhalten angesichts des Endes, Offenheit für eine mit dem Patienten geteilte und letzlich von ihm getragene Suche nach "Lösungen" und wertungsfreie Unterstützung dabei gelten als grundlegende Fähigkeiten, die vom spirituellen Beistand erwartet werden, um dem Sterbenden zu helfen, seine spirituellen Schmerzen zu ertragen. Gespräche, Musik hören oder Poesie lesen oder einen Lebensrückblick schreiben können z. B. als hilfreiche Mittel zur Linderung spiritueller Schmerzen dienen.

     Wenn ein Geistlicher im Hospiz- bzw. Vihâra-Team eingegliedert ist, dann wird ihm meist sowohl die religiöse als auch die spirituelle Betreuung (etwa im Falle von erklärten Atheisten oder Agnostikern oder A[nti]religiösen) übertragen. In der Praxis ergibt sich oft ein weites Übergangsfeld von der religiösen zur spirituellen Betreuung ohne scharfe Trennung und unter individuell zugeschnittener Mischung beider Praktiken. Auch kann sich herausstellen, dass ein zunächst konfessionelle Elemente ablehnender Patient im Laufe der Gespräche klare religiöse Bedürfnisse zeigt und sich auf eine religiöse Praxis (hier: Sutrenrezitation) einläßt. Dabei gilt aber als oberstes Prinzip, dass der Begleiter in keiner Weise "missionarisch" oder sonst "aufdrängerisch" unterwegs ist (Fallbeispiel in: Taniyama 2004:22-6 u. 40). In der christlich geprägten Hospizbewegung waren von Anfang an Pastoren und Priester in der seelsorgerischen Begleitung Sterbender tätig. Das war auch in Japan nicht anders. Hier sah sich der buddhistische Klerus herausgefordert, analoge Dienste anzubieten. In einer Art "buddhistischen Reaktion" kam es daher seit Mitte der 1980er Jahre zu vermehrten Aufrufen und Aktivitäten von seiten buddhistischer Kreise in dieser Richtung.

 

3. (Ausgewählte) buddhistische Initiativen

 

     In der Literatur wird wiederholt darauf verwiesen, dass der Buddhismus und die Heilkunde von jeher (beginnend mit Shakyamuni selbst: Nagura 1995:29, Ôshita 2005:78ff.) miteinander verknüpft waren. Buddhistische Mönche fungierten in Japan seit dem 6. Jahrhundert n. Chr. auch als Kulturvermittler und Überbringer einer Fusion von ayurvedischem und chinesischem medizinischem Wissen, das sie auch als eines ihrer fünf Studienfächer (gomyô) pflegten (Shinmura 1996:192-3), Klöster engagierten sich "in pragmatischer Ausrichtung" seit dem 8. Jahrhundert in der Kranken- und Altenpflege (Pörtner und Heise 1995:172). Leiden, Krankheit und Tod gehören für den Buddhismus zur conditio humana (Fujihara 2002:42), mit letzterem habe er sich seit altersher befasst, wenngleich sich das heute leider in Begräbnis- und Totengedenkriten erschöpfe (Tamiya 1993:216).

     Es klingt hier immer wieder durch, dass Krankheit und Tod quasi angestammte Domänen des Buddhismus seien, der daher auch dazu aufgerufen ist, hier das Mitleidsideal in die Praxis umzusetzen. Die Pioniere der Hospizbewegung waren (auch in Japan) Christen (Alfons Deeken, Kashiwagi Tetsuo, Hinohara Shigeaki, Murata Hisayuki, Kubotera Toshiyuki u. a.). Obschon für die terminale Pflege oder Aufnahme in ein Hospiz die Konfessionszugehörigkeit keine Rolle spielt, so wurden doch diesbezügliche Ideale und Praktiken aus dem Westen eingeführt, "unter Absehung der lokalen Geschichte der Krankenpflege", wie Tamiya moniert, der auch von "Import per Transplantation" spricht (Tamiya 1993:214). Der Aufruf des Chefarztes und Kaplans des christlichen und ersten japanischen (Seirei-)Hospizes, der angab, bald zwei Drittel seiner Patienten seien Buddhisten, um die sich die buddhistische Geistlichkeit kümmern möge (Tamiya 1993:235), hatte eine Art Wachrütteleffekt, wie Ôshita Daien mir gegenüber erwähnte. Ab Mitte der 1980er Jahre wurden dann etliche Initiativen gestartet, von denen ich hier nur einige wenige schlaglichtartig auflisten kann[2]. Auffallend ist, dass gerade die historisch in der Betreuung Moribunder und entsprechender Manualisierung ("Totenbettetikette": rinjû gyôgi, s. u.) am profiliertesten Schulen auch heute die engagiertesten sind: Jôdô-shin-Schule (in den beiden Großzweigen: Nishi und Higashi/ Ôtani), Nichiren-Sekte und Shingon-Schule.

     Mit der Gründung der Kyôto bukkyô seinenkai ("Buddhistischer Jugendverein Kyôto") im Jahre 1984 erstanden Dutzende Organisationen, die bukkyô to iryô  ("Buddhismus und medizinische Betreuung") in ihrem Titel führten. Die 1988 etablierte dachverbandartige Kontaktstelle "Bukkyô to iryô o kangaeru zenkoku renraku kyôgikai" (Butsuizenkyô) hatte Anfang der 90er Jahre über 150 Mitglieder (Personen, Körperschaften öffentlichen Rechts, Organisationen). Im Anhang einer von ihr herausgegebenen Anthologie werden weit über hundert Forschungsgemeinschaften und Organisationen mit Kontaktadresse aufgelistet (Butsuizenkyô 1995:294-312), die auf eine landesweite und rege Tätigkeit auf dem Gebiet "buddhistischer Krankenpflege und Sterbebegleitung" schließen lassen darf.

     1987 wurde eine "Forschungsgesellschaft für praktische Aktivitäten (im Geiste) des Vihâra" (Bihâra no jissen katsudô kenkyûkai) gegründet.[3] Bis 1997 haben 649 Personen (Mönche wie Laien) ein von der Jôdôshin-Schule (Nishi-Hongaji-Zweig) angebotenes Schulungsprogramm für seelische Betreuung von Schwerkranken absolviert. 1987 wurden in Fukui und in Osaka ein Vihâra gegründet, ab da haben in allen Landesgemeinden Vihâra-Aktivitäten Wurzel gefasst. Mehr als 3000 Gemeindemitglieder sind permanent im Sinne des Vihâra aktiv.

     In der Präfektur Niigata wurde in der Stadt Nagaoka 1992 eine Vihâra-Palliativstation eröffnet, die im April 1993 offiziell vom Gesundheitsministerium als Palliativstation Nr. 9 anerkannt wurde. Sie hat 22 Betten und in ihr steht eine Buddhastatue aus Birma aus dem 17. Jahrhundert (Tamiya 1993:228). 2001 wurden fünf weitere Betten hinzugefügt. Das Vihâra hat einen hauptberuflichen Vihâra-Mönch und rund 15 ehrenamtlich visitierende Vihâra-Mönche angestellt (Taniyama 2004:44). Es geht auf die Intiative der Gebrüder Tamiya zurück. Tamiya Shûei, Priester am Jôganji (Jôdô-shin-shû, Higashi/Ôtani-ha), Prof. Tamiya Masashi und Dr. Tamiya Takashi (Nervenheilkundler). Sie hatten 1988 in Nagaoka/ Niigata einen Ausschuss mit dem Ziel, ein Vihâra zu errichten, gegründet. Die meisten erfolggekrönten Vihâra-Aktionen verdanken sich der Initiative und dem beherzten Einsatz von Einzelpersonen oder Graswurzelgruppen, weniger der Trägerschaft oder Organisation durch eine buddhistische Denomination (persönliche Mitteilung von Taniyama Yôzô, 8. März 2005; er spricht den einzelnen buddhistischen Schulen sogar den Willen zu großangelegten Vihâra-Einsätzen ab: Taniyama 2004: 35).

     1987 wurde die "Kyôto Bihâra no kai" gegründet. Vihâra versteht sich für sie auch als Sozialaktion, um den eigentlichen Auftrag des Buddhismus zu erfüllen. Eines ihrer Ziele ist, eine "buddhistische Pflege" zu entwickeln. Seit 1994 gibt es an der Bukkyô-Universität eigene Kurse zu buddhistischer Krankenpflege (Tamiya 1993:230 u. 240). Fujihara Akiko hält gleichfalls an der Frauenkurzuniversität Iida Vorlesungen über buddhistische Krankenpflege und Theorie der Vihâra-Care. Die Heranbildung von geeignetem Personal wird als wichtige Aufgabe gesehen: in alten Zeiten gab es Arztmönche (isô) und Krankenpflege-Mönche und -Nonnen (kanbyô biku bzw. bikuni). Analog zu den christlichen Geistlichen brauche es als moderne Variante Vihâra-Mönche, die Krankenpflege und spirituelle Betreuung anbieten (Tamiya 1993:234 u. 237). Im Jahre 2004 gründeten Tamiya Masashi und Fujihara Akiko die Forschungsgruppe Bukkyô kango - Bihâra gakkai (Japan Association for Buddhist Nursing and Vihâra Studies, siehe: http://jabnvs.gr.jp/).

     Eine weitere in der Lehre einflussreiche Persönlichkeit ist Nabeshima Naoki, der an der Ryûkoku-Universität über "Buddhismus und Bioethik" liest und eine dazugehörige Forschungsgruppe zu Vihâra und spiritueller Betreuung Moribunder leitet (http://buddhism-orc.ryukoku.ac.jp/japanese/unit2.html).

     1990 konstituierte sich eine Forschungsgesellschaft zu medizinischen Fragen innerhalb der Nichiren-Sekte, deren erste interne Umfragen ein hohes Interesse am Thema Vihâra belegten. Fast zwei Dritteln war die Vihâra-Bewegung bekannt und hundertprozentige positive Unterstützung erhielt die Frage hinsichtlich der Notwendigkeit eines diesbezüglichen Engagements. Auch waren fast alle Befragten persönlich bereit, an Vihâra-Aktivitäten und Schulungen teilzunehmen (NIMK 1997:15). 

     Seit dem Jahre 2002 bietet die Universität Kôya-san (Shingon-Schule) ein Curriculum zur Ausbildung von Personal für spirituelle Pflege und Begleitung an (Ôshita 2003a, dessen langjähriger Vor- und Zuarbeit dies zu verdanken ist: über ihn berichte ich am Ende des Artikels ausführlich). Seit kurzem gibt es auch Kurse für die Heranbildung und Schulung von Vihâra-Mönchen, die von der hauptsächlich von (Jôdô-)Shin-Buddhisten getragenen Forschungsgesellschaft "Vihara 21" angeboten werden (http://www.oct.zaq.ne.jp/vows/bihara/index.html). So weit zu den wichtigsten mir bekannten Vihâra-Initiativen. Im folgenden möchte ich einen kleinen Rückblick in die historisch überlieferten und jetzt gewissermaßen wiederentdeckten Formen einer buddhistischen Sterbebegleitung bieten.

 

4. Geschichte der buddhistischen ars moriendi

 

     In diversen buddhistischen Schriften werden Anleitungen zur Krankenpflege und zum rechten Verhalten in den letzten Stunden (rinjû gyôgi) gegeben. Andere Bezeichnungen für buddhistischen Sterbebeistand und die rechte Geisteshaltung zur und in der Todesstunde sind rinjû yôjin, rinjû shinan oder rinjû nensô. Letztlich bedeuteten diese Begriffe "japanische" Krankenpflege im weitesten Sinne (Kamii 1993: 42). Tamiya meint, dass in dieser Tradition der Ursprung und die grundlegende Art und Weise einer "japanischen" Form der terminalen Pflege zu finden sei, weshalb eine Re-Evaluierung der rinjû gyôgi wünschenswert erscheine (Tamiya 1993: 38). Entsprechende Schriften stammen vornehmlich aus den vier Schulen: Shingon, Jôdô, Nichiren und Zen (dort auf Krankenpflegeratgeber beschränkt). Ich möchte die in Japan relevanten Texte und deren Autoren, auf die in der Literatur immer wieder verwiesen werden, kurz nennen[4]:

 

.) Zendô (Shan-tao; 613-681). Seine "Kannen hômon", "Ôjô raisan" und "Rinjû shônenketsu" gelten als die Ausgangsquellen und Prägemuster für analoge rinjû gyôgi-Texte in Japan (Fujiwara 2003:131). Auch Genshin hat stark auf Zendô zurückgegriffen (Shinmura 1989:235). Andere Tang-zeitliche chinesische Quellen, die zuweilen herangezogen werden, gehen auf Texte von Dôsen (596-667) und Gijô (635-713) zurück (Kamii 1993:44).

 

.) [Eshin Sôzû] Genshin (942-1017). Sein "Ôjô yôshû" setzte den Standard als Manual zur Betreuung Kranker im terminalen Stadium für viele Nachfolgeschriften (Shinmura 1996:197, Kamii 1993:45). Er hatte eine nembutsu [5]-Gesellschaft gegründet und für deren Mitglieder für den Ernstfall die sterbebegleitenden Riten kodifiziert, die sie sicher ins "Reine Land" geleiten sollen (Nakamura 2000:250).

 

.) Jippan (?-1144)  schreibt mit dem "Byôchû shugyôki" den ersten Text für das Sterbebett der Shingon-Sekte (Kamii 1993:53). Kakuban (1095-1143) erstellte nach ihm das "Ikki daiyô himitsushû", das gerne als Sterbebegleitfaden herangezogen wird - besonders in der Shingon-Schule, als deren Reformer er gilt (Satô 2002: 101-2, Fujiwara 1999 und Fujiwara 2003:131-6).

 

.) Ryôchû (1199-1287): er ist nach Genshin mit seiner Schrift "Kanbyô yôjinshô" repräsentativ für die Jôdô-Schule (Shinmura 1989:236-240). Sie wird als praktischer Leitfaden hoch geschätzt und ist nahezu ident mit einem zweiten Vademekum aus seinem Pinsel, dem "Kanbyô goyôjin". Er verfasste daneben unter Betonung der Wichtigkeit des nembutsu  detaillierte Kommentare zu den rinjû gyôgi in allen Phasen von der Krankheit über die Agonie bis zum Tod und der Zeitspanne danach (Kamii 1993:61-2).

 

.) Nichiren (1222-1282) betonte die Bedeutung der Sterbestunde und empfahl in ihr die für seine Lehre zentrale Praxis der Rezitation des Titels (daimoku) des von ihm als wesentlich angesehenen Lotussutra. Nikkô (1246-1333) kodifizierte im "Indô hiketsu" die Art des Sterbegeleits und die Begräbnisbräuche für die Nichiren-Sekte (Kamii 1993:62-3). Nichion (1572-1642) legte in der Faszikel "Chiyomigusa" die Sterbebegleittradition der Nichiren-Sekte in detailreicher Form nieder und trat nachhaltig für ihre Ausbreitung in der angebrochenen "Moderne" ein (Kamii 1993:64).

 

.) Hôjû (1765-1839): für die Neuzeit sind seine Texte "Rinjû yôjin kôsetsu" und "Rinjû yôjin tsuika kôsetsu" maßgeblich. Sie sind inhaltlich allerdings den Kamakura-Texten bis in kleine Details verblüffend ähnlich (Shinmura 1996:12-18). Seine Rezeption zeigt, dass die von altersher gepflegten Anleitungen zur rechten Geisteshaltung in der Sterbestunde (rinjû shônen) als buddhistische ars moriendi bis in moderne Zeiten weit verbreitet waren (Shinmura 1996:19). Auch das "Kanbyô yôjinshô" soll bis in populäre Lebenshilfebücher der späten Edo-Zeit Spuren hinterlassen haben (Shinmura 1989:241-2).

 

     Die Fülle an Anweisungen und Schriften in Bezug auf die Sterbestunde illustriert auch, welche große Bedeutung ihr im Buddhismus beigemessen wird - als Chance zu spiritueller Reifung, zur Erlangung einer besseren Wiedergeburt oder zur endgültigen Befreiung. Die letzten Gedanken sind daher entscheidend, weshalb eine gute Atmosphäre geschaffen werden soll, in der der Sterbende seinen Geist auf die Transzendenz (Buddha, Paradies etc.) richten kann. Shinmura gibt den wichtigen Hinweis, dass obig aufgelistete Texte gleichzeitig eine ars vivendi darstellen, obschon ein Einüben in das Sterben, so sind sie zugleich auch Anleitung für eine rechte Lebensführung (Shinmura 1989:240).  

     Im folgenden möchte ich synoptisch die wichtigsten Punkte der rinjû gyôgi  - solche, die in allen angeführt werden - zusammenstellen. Ich destilliere diese aus den oben angeführten Quellen ohne Einzelverweis. Ungeachtet der Reihenfolge in den Originalen, teile ich sie ein in 1.) krankenpflegerische und 2.) spirituelle Anleitungen (kleine Überschneidungen in Kauf nehmend):

 

1.) Krankenpflegerische Anweisungen:

 

.) Der Kranke möge - wenn möglich - in ein eigenes Zimmer gebracht werden, seine Habe und Dinge, an denen sein Herz hängen mag, sollen auf alle Fälle entfernt werden. Eine ruhige Umgebung zu schaffen, ist wesentlich. Sie ist sauber und rein zu halten.

.) Um nicht zuviel Unruhe zu erzeugen, sollen nur drei bis fünf Personen beim Sterbenden anwesend sein und ihn pflegen. Sie sollen sich abwechseln, den Patienten aber nie allein und aus den Augen lassen. Unter ihnen möge sich mindestens ein Priester befinden. Verwandte sollen in den letzten Stunden eher ferngehalten werden, da sie Anhaftungen und emotionale Aufgewühltheit wecken, aus demselben Grunde mögen keine "weltlichen" Gespräche geführt werden.

.) Personen, die wegen Alkoholkonsum oder Genuss streng riechender Speisen (z.B. Knoblauch, Zwiebeln, Schnittlauch) ein übles Odeur verbreiten, dürfen nicht zum Kranken vorgelassen werden.

.) Da in den letzten Stunden die Kehle häufig austrocknet, ist dem Patienten periodisch der Mund zu befeuchten.

.) Vor und besonders längere Zeit nach dem Ableben ist der Körper des Verscheidenden/ Verschiedenen nicht (grob) zu bewegen.

 

2.) Spirituelle Hilfeleistungen:

 

.) Um eine friedvolle Atmosphäre zu schaffen, möge Räucherwerk abgebrannt werden, auch Klangschalen kann man anstimmen.

.) Eine Buddhastatue oder ein Rollbild mit einer Buddhadarstellung wird ins Gesichtsfeld des Kranken gerückt, dessen Haupt Richtung Norden, Antlitz Richtung Westen gebettet sein soll, so dass er dem Buddha ins Angesicht blicken kann. Bänder in fünf Farben sollen dem Patienten in die Hand gegeben werden. Sie verbinden ihn mit der Buddhafigur und lenken so seine letzten Gedanken auf dessen Entgegenkommen.[6] "Eine Art der Seelsorge, die buddhistische Priester schon in der Heian-Zeit entwickelt haben, bestand in einer leid- und angstlindernden Umkehrung agonaler Delirien: die Phantasien der Sterbenden wurden auf die lichtstrahlende Rettergestalt des Amida-Buddha gelenkt, der gleichsam als Psychopompos an fünf Fäden .... [s. o. W. H.] die Seelen ins westliche Paradies führte." (Pörtner und Heise 1995:199)

.) Das Wichtigste ist das nembutsu: Die Anrufung des Buddha, das Beten von Sutras oder Rezitieren von Mantras oder heiligen Silben (darani) wird in allen Schriften zentral und nachdrücklich anempfohlen. Die Rezitationen mögen von den Pflegenden mit dem Sterbenden gemeinsam ausgeführt werden. Wenn der Patient zu schwach wird, sollen die ihn Umgebenden ihren Atem mit dem seinen synchronisieren und beim jeweiligen Ausatmen den Namen Buddhas (in Silben geteilt) oder eine heilige Silbe sprechen. Nach dem Aushauchen des Lebens soll das nembutsu eine geraume Weile fortgesetzt werden.

 

     Kleinere Unterschiede finden sich in den rinjû gyôgi, was die oben vage gehaltenen Zeitangaben betrifft, vor allem aber bezüglich der Wahl der Buddhadarstellung, der Sutren und der Anrufungsformeln. Das hängt jeweils ab von der Schule und dem Glauben bzw. den Vorlieben, denen der Sterbende anhängt. Fujiwara Kazunori beschreibt eingehend ein jüngst (am 29. Januar 2003) für einen 92-jährigen Patienten strikt nach Kakuban abgehaltenes rinjû gyôgi, bei dem ein Yakushi-nyorai (sanskr. Bhaishajya-guru, vulgo "Medizin-Buddha") als zentrale Buddhafigur diente (Fujiwara 2003). Für Anhänger der Lehre vom Reinen Land (Jôdô) ist meist Amida und dessen Anrufung erste Wahl, für Shingon-Gläubige Dainichi Nyorai (sanskr. Mahavairocana, vulgo "Sonnenbuddha") oder dessen Manifestation Fudô Myôô (auf Einzelheiten kann ich hier nicht eingehen).

 

5. Als Exempel: spirituelle Hilfe für Sterbende im ("esoterischen") Shingon-Buddhismus

 

     Ôshita Daien ist der Hauptpriester des Senkôji in Hida Takayama in der Präfektur Gifu. Er gehört der auf Kûkai (774-835) zurückgehenden Kôya-san Shingon-Schule an. Zugleich ist er ein Pionier, was den spirituellen Beistand von chronisch Kranken und Sterbenden anbelangt. Ôshita ist als "spiritueller Betreuer" in der Takakuwa-Klinik für innere Medizin angestellt. Seine Arbeit begann er als ehrenamtlicher Helfer. Die Klinik ist auf Dialyse-Patienten spezialisiert, die aus der ganzen Umgebung regelmäßig zur Blutwäsche kommen. Unter ihnen treten immer wieder Fälle von Krebs oder andere (teils altersbedingte) zum Tode hinführende Krankheiten auf. Seit 1999 hat Ôshita einen regulären Arbeitsvertrag als spiritueller Pflegebeistand. Daneben wird er in seiner Region zu Patienten mit Krebs im Endstadium oder zu Sterbenden gerufen, um ihnen seelischen Beistand zu leisten[7].  

     Ôshita versucht mit mehreren Methoden seinen Patienten die seelischen Schmerzen zu erleichtern. Er kennt die Tradition der rinjû gyôgi  gut und sieht deren Mittel, die er restrukturiert und der Gegenwart anpasst, als für Weiterentwicklung offene Angebote, die er patientenorientiert einsetzt (oder nicht). Dazu gehören: Aromatherapie, Mantra-Rezitation, Sutren-Singen, Atem- und Entspannungstechniken, Meditations- und Visualisationsübungen sowie "Musiktherapie" (letztere auch kombiniert in GIM = Guided Imagery and Music; vgl. Ôshita 2003b). Die Patientenorientierung gilt in radikaler Weise, sagt Oshita, er versuche "nach Aikidô-Prinzip" die Energien des Kranken aufzunehmen und ihnen entsprechend und der Augenblicksintuition folgend zu handeln. Bei der Auswahl von Musik z. B. berücksichtige er eingehend die Biographie, Vorlieben und Stimmungen des Patienten. Das Repertoire ist demgemäß variationsreich und geht von Volksmusik über klassische Musik bis hin zu buddhistischen hymnischen Gesängen (shômyô). Letztere singt Ôshita eigenstimmlich vor: allerdings nur auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten und wenn dieser einen persönlichen Bezug dazu (oder zur Religion) hat. Hier gelte es besonders sensibel vorzugehen und nichts aufzudrängen (beispielhaft beschreibt er das im Falle eines an Lungenkrebs Erkrankten: Ôshita 2003b).

     Ein an Darmkrebs erkrankter 50-jähriger Mann hatte im Rahmen von Lebensrückblicken und dem Hochkommen von Kindheitserinnerungen gemerkt, dass er immer gerne in Tempel gegangen war und Sutrengesänge eine beruhigende Wirkung auf ihn ausübten. Hier konnte Ôshita neben über den Atem gelenkten Entspannungsübungen und angeleiteten Visualisierungen auch buddhistische Instrumente (Glocken, Klangschalen, Gong, Trommel, Tschinellen) einsetzen und shômyô vorsingen. Der Patient berichtete, dass er sich erleichtert und wohl gefühlt habe dabei, so als würde er schweben. Diese "musiktherapeutische" Betreuung konnte Ôshita bis zwei Tage vor dem Ableben des Kranken leisten und weiterführend in der Trauerarbeit mit den Angehörigen einsetzen (Ôshita 2001). Ôshita bedient sich also - neben dem Wichtigsten: einfach präsent zu sein und zuzuhören - mehrerer "Techniken" und Mittel, um dem schwer Erkrankten bis ans Lebensende bei der Linderung seiner existentiellen Schmerzen zu assistieren. Ein historisch getreues, orthodoxes rinjû gyôgi hält er nur bei streng Gläubigen, die dies wünschen, für sinnvoll. Ôshita sieht seine Methoden aber durchaus als adaptierte, gegenwartsgerechte, kreativ weiterentwickelbare rinjû gyôgi, die teils genuin buddhistisch, teils religiös neutral gestaltet werden können.

 

6. Ausblick

 

     Palliativmedizinische Versorgung im Hospizgeist wird sich in Japan sicherlich noch vielfältig entwickeln. Es ist zu hoffen, dass ihre Prinzipien der Intention der Hospizbewegung folgend, in die Allgemeinmedizin und alle Institutionen des Gesundheits- und Pflegewesens diffundieren. Aber nicht nur institutionelle/r Ausbau und Verankerung, sondern auch die vermehrte Ermöglichung des Sterbens zu Hause zählt zu den dazugehörigen Visionen.

     Die Anerkennung und Therapie von Schmerzen spiritueller Natur gehören zum Hospizideal. In Japan haben buddhistische Aktivisten unter der Bezeichnung "Vihâra" eine Bewegung gestartet, die neben buddhistisch inspirierten Palliativstationen auch den seelischen Beistand zu institutionalisieren sucht. Die Ausbildung von respektivem Fachpersonal wird in ein, zwei Dekaden Frucht tragen und darf für den japanischen Buddhismus füglich als "epochemachend" gelten (Ôshita 2003a:18). Es mag zu einer stärkeren Vernetzung von Medizin, Wohlfahrt und buddhistischer Religion führen und zu einer echten Reform letzterer, da sie damit weg vom Ritualismus und aus den Tempeln heraus und an die Stätten des Leidens geht (in diesem Sinne äußerte sich Ôshita mir gegenüber mehrfach). Dabei besinnt sie sich ihres gesellschaftlichen Auftrages und historischer Vorbilder in Theorie und Praxis. Zugleich geschieht eine Inkulturation der Hospizidee, die lokale Traditionen neu (er)findet und einbindet. Dies läßt noch interessante Entwicklungen erwarten, die idealiter Ausstrahlungskraft in viele gesellschaftliche Bereiche zeigen mögen.

 

 

 

 

 

 

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      Dank schulde ich den Mönchen Ôshita Daien, Sera Nobukatsu und Taniyama Yôzô für persönliche Gespräche und wertvolle Hinweise. Für den Inhalt dieses Artikels zeichne ich als verantwortlich.

 

 

 

 

 

 

 

 

Erschienen in: OAG Notizen 9/ 2005, 20-34



[1]Ich versuche hier den Fokus auf buddhistische Aktivitäten zu beschränken. Auch um die Literaturliste nicht (noch mehr) ausufern zu lassen, verweise ich im wesentlichen auf dafür relevante Schriften. Zu den (kulturell-organisatorischen) Rahmenbedingungen für Hospize in Japan bieten auf Englisch einen ersten Überblick: Long und Chihara 2000

[2]Der japanische Buddhismus ist in Sekten und Schulen aufgesplittert, wobei die Angehörigen (auch Mönche) einer Schule oft nicht wissen, was die anderen tun. Ein Gesamtüberblick fehlt mir. Durch meinen persönlichen Kontakt zu Ôshita Daien beschränke ich mich hier bei Beispielen aus der Praxis auf Aktivitäten der Shingon-Schule (gehört zum tantrischen Mantrayâna; in Japan als mikkyô bezeichnet, weshalb sie in der Regel bei Übersetzungen mit dem Epitheton "esoterisch" versehen wird). Eine schöne deutsche Beschreibung der Praxis eines Vihâra-Mönches bietet Taniyama 2002/3.

[3]Eine Zehnjahresbilanz ihrer Aktivitäten kann von der Homepage des Honganji abgerufen werden (http://www2.hongwanji.or.jp/social/).

[4]Die maßgebliche, hervorragend annotierte und kommentarflankierte Primärquellensammlung ist Kamii u. a. 1993, in der die nachfolgend genannten Texte von Zendô, Genshin, Kakuban, Ryôchû und Nichion zu finden sind. Sie sind jeweils auch in gegenwärtiges Japanisch transponiert. Darüberhinaus sind in diesem Werk noch obsukurere, hier nicht angeführte Quellentexte abgedruckt.

[5]"Nembutsu hat zwei Bedeutungen: I. Buddhânusmrti. Meditation über den Buddha. Das ist das so genannte kannen-nembutsu. II. Den Namen des Buddha anrufen. Das ist das so genannte shômyô-nembutsu. Seit der Zeit von T'an-luan (Donran) bezog sich der Ausdruck auf letzteres, und in der Mehrzahl der Fälle bezog es sich auf die Invokation des Namens von Amida mit der Formel "namu amida butsu", um im seinem Reinen Land wiedergeboren zu werden." (Iwano 1999:236) T'an-luan lebte von 476-542 und verfasste etliche Schriften zur Lehre vom Reinen Land.

[6]Der Brauch der fünffarbigen Kordel ist in China nicht als praktisch ausgeführt dokumentiert, wiewohl er in Japan dann sehr populär geworden ist (Kamii 1993:44).

[7]Am 24./25 März und 25./26. Juli 2003 habe ich ihn in seinem Tempel besucht und ausführliche Gespräche mit ihm geführt.