Japan nach Sonnenuntergang
Unter Gangstern, Illegalen und Tagelöhnern

Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2003, ISBN 3496027339, Kartoniert, 259 Seiten

Die japanische Gesellschaft wurde lange als homogen, harmonisch und uniform beschrieben. Dieses Buch zeigt die Abgründe, die unter dieser trügerischen Oberfläche liegen: soziale Ausgrenzung und Diskriminierung, Obdachlosigkeit, Schwarzarbeit, Menschenschmuggel, Sex-Industrie u.a.

Der Autor lebt seit vielen Jahren in Japan und hatte engen Kontakt zu Gangstern, Tagelöhnern, Tätowierern und ausländischen Animierfrauen.
Anhand exemplarischer Viten in Selbstaussagen ermöglicht er Einblicke in diverse Subkulturen, die ergänzend in ethnographischen, historischen und soziologischen Exkursen genauer dargestellt werden. Unveränderte Feldprotokolle und Interview-Wiedergaben lassen an der ethnomethodologischen Arbeitsweise teilhaben und illustrieren lebensnah die Welt der Tagelöhner, Barhostessen und Yakuza. Der zentrale Teil des Reports befaßt sich mit der japanischen Variante der Organisierten Kriminalität: den Yakuza. Herbert schildert die Romantisierung der japanischen Outlaws in Populärkultur und Film und fügt die Wertvorstellungen der Yakuza in den Kontext japanischer Traditionen ein. Am Beispiel der prekären Lage von ausländischen Arbeitsmigrantinnen geht Wolfgang Herbert auf die verschiedenen Aspekte des Nachtlebens und der Sex-Industrie Japans ein. Vornehmlicher Feldforschungsort des Autors war das Tagelöhnerviertel von Osaka, Kamagasaki. Es ist Schnittstelle und Sammelplatz für wesentliche Teile der beschriebenen Subkulturen. Die vorliegende wissenschaftsjournalistische Reportage erweitert den bislang wahrnehmbaren Horizont.

Rezensionen
Neue Zürcher Zeitung vom 18.10.2003
Schon in seinen bisherigen Büchern hat sich der Bregenzer Japanologe, erklärt der Rezensent mit dem Kürzel "whm.", mit den Schattenseiten und Randgruppen der japanischen Gesellschaft beschäftigt. Im neuesten Buch werde jedoch das wissenschaftliche "Besteck" oft zur Seite gelegt und direkt von den Erlebnissen berichtet, die der Autor bei der Begleitung und Beobachtung seiner Protagonisten - Prostituierte, Kriminelle, Taglöhner - hatte. Niemals gerät er dabei, freut sich der Rezensent, "in die Falle des Voyeurismus" - so wird das Buch nicht nur zur überzeugenden wissenschaftlichen Arbeit, sondern auch zum "mit Leidenschaft und Kennerschaft geschriebenen Erfahrungsbericht".
Stuttgarter Zeitung
Der Autor Wolfgang Herbert hat sich über zehn Jahre lang wissenschaftlich mit Randgruppen der japanischen Gesellschaft beschäftigt. Er hat sich über viele Jahre auf Feldexkursionen begeben, Kontakte geknüpft und Informanten befragt.
Herausgekommen ist dabei eine Sammlung von hervorragendem, interessantem und detaillierten Material über japanische Gangster, Tagelöhner und Illegale. Sein Buch ist eine Mischung aus anteilnehmender Feldforschung, Erlebnisbericht und historischer Darstellung (auch die Filme erwähnt er, gar die vielen, die es nur in Japan zu sehen gibt, "Yakuza eiga", das ist dort ein Genre). ... Daß es dabei für Laien wie Fachleute auch noch sehr lesbar ist, umso schöner.